Zu sehen ist das Profilbild von Julian Mast.

Julian Mast


CEresearchNRW:
Praxis trifft Forschung: Innovative Geschäftsmodelle dank Circular Economy

Zu einem besonderen 16. Web-Seminar des CEresearchNRW-Netzwerks durften wir Sie am 09.11.2021 begrüßen. Unter dem Motto „Praxis trifft Forschung“ trafen die Forschungsseite und die Praxis der Circular Economy (CE) aufeinander. Entsprechend durften wir sowohl Zuhörer:innen aus unserem Forschungsnetzwerk als auch solche aus unserem Unternehmensnetzwerk recht herzlich zum Online-Seminar begrüßen.

Wir durften vier Referent:innen begrüßen, die uns ihr eigenes Bild der CE aufzeigten. Während uns Frau Hermandi und Frau Akinci die forschungsseitige, aber durchaus angewandte Perspektive verdeutlichten, zeigten uns Herr Mauß und Herr Schröder aus ihrer jeweiligen unternehmensspezifischen Perspektive, wie sie bereits ihre Geschäftsmodelle in Richtung CE verändern konnten.

Zum Start zeigte Carina Hermandi (Hochschule Ruhr West/ betriebliche Initiierung von CE) in einem kurzen Impuls auf, welchen Problemen und Anforderungen Unternehmen im Rahmen ihres Wirtschaftens ausgesetzt sind und weshalb die Umsetzung von CE in Wettbewerbsvorteilen für die Unternehmen resultieren kann. Zirkuläre Geschäftsmodelle haben laut Frau Hermandi das Potenzial, einen langfristigen Wettbewerbsvorteil zu erzeugen, da diese oftmals weniger auf Primärmaterial angewiesen sind und daraus sowohl ökonomische als auch ökologische Vorsprünge gegenüber Konkurrenten umsetzbar sind.

Im Anschluss daran gewährte Wilhelm Mauß Einblicke in die Welt smarter zirkulärer Wasserzähler und die Wandlung des Geschäftsmodells innerhalb seines Unternehmens in den letzten Jahren. Das Produkt der Lorenz deutsche Wasserzähler GmbH zeigt dabei klar, wie neue Technologien wesentlich die Anforderungen der Kunden, aber auch die Möglichkeiten der Hersteller beeinflussen. So begriff das Unternehmen die zunehmende Digitalisierung und zunehmende Materialverknappung als Chance: Aus den ehemals mechanischen Messing-Wasserzählern in sämtlichen Größen wurden ganzheitliche Wasserzähllösungen auf Basis von Funkzählern. Dies erhöht einerseits den Nutzen für den Kunden (bspw. Kompatibilität mit anderen Smart Home Technologien) und macht so das Produkt attraktiv im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten, andererseits erhöht eine zunehmende Produktkomplexität jedoch auch die Notwendigkeit der engen Kooperation zwischen den verschiedenen Abteilungen des Unternehmens.

Im Rahmen des komplexem Re-Designs und den Umsetzungen (Veränderungen in Fertigungsprozessen u.Ä.) betonte Herr Mauß die Wichtigkeit der Involvierung aller Beteiligten auch in die Prozessplanungen u.Ä. „um Stolpersteine zu vermeiden“. So wurden neben den verschiedenen Abteilungen innerhalb des Unternehmens vor allem auch Kunden
bzgl. ihrer Erwartungen an das Produkt kontaktiert. Ergebnis des stakeholder-involvierten Innovationsprozesses sind modular aufgebaute Wasserzähler, bei denen das Zählwerk für sämtliche Zählergrößen verwendet werden kann. Die komplexen Produkte sind dabei vollständig demontierbar und wiederaufbereitbar. Neben der Kreislauffähigkeit gibt es auch ökonomische Gründe, Rückführungen der Produkte vom Kunden zu veranlassen: Die Kosten einer Neufertigung übersteigen wesentlich den Aufwand, der im Rahmen einer Rückführung und Überarbeitung entsteht (bspw. durch Rückkauf alter Zähler oder Vermiet- statt Verkaufsmodellen). Herr Mauß resümierte eine Steigerung der Nachhaltigkeit durch die
Einführung der CE in allen Dimensionen: Ökonomische Vorteile durch geringe Materialkosten, ökologische Vorteile durch Mehrfachnutzung des gleichen Materials und soziale Vorteile durch Erhaltung des Industriestandorts Deutschland.

Nach diesem praktischen Einblick gewährte uns Seda Akinci erneut Einblicke in die Erforschung der Circular Economy. Frau Akinci ist wissenschaftliche Referentin an der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und Teammitglied der Circular
Economy Initiative Deutschland (CEID). Diese hat über 50 Mitglieder, darunter drei Ministerien, jeweils mehr als 20 Forschungseinrichtungen und Unternehmen sowie weitere relevante zivilgesellschaftliche Organisationen. 

Kernbotschaft der Initiative ist, dass CE ein notwendiges Konzept ist, um „Klima-, Ressourcen- und Entwicklungsziele zu erreichen“. Die Transformation hin zu einer Circular Economy
erfordert einen systemischen Wandel auf allen Ebenen der Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Im Rahmen der Circular Economy Roadmap für Deutschland (Veröffentlichung im Mai 2021) entwickelte die Arbeitsgruppe Zirkuläre Geschäftsmodelle eine Typologie mit 22 akteursspezifischen Geschäftsmodellmustern, die Unternehmen dabei unterstützen sollen, zirkuläre Geschäftsmodelle in der Geschäftspraxis leicht anwendbar zu machen. Geschäftsmodelle bieten den Unternehmen einen fassbaren Ansatzpunkt, an dem sie ihre Änderungsvorgänge beginnen und im Optimalfall auf die gesamte Wertschöpfungskette ausweiten können.

Abschließend präsentierte uns Markus Schröder von Rockwool die Ansätze der Circular Economy, die bereits im Geschäftsmodell des Unternehmens etabliert sind. Das Unternehmen stellt Dämmstoffe aus Steinwolle her. Zunächst erfordert die Herstellung des Produktes eine verhältnismäßig große Energiemenge, jedoch übersteigt die mit der Dämmung verbundene
Einsparung über die Lebensdauer der Steinwolle die aufgewendete Energie um ein Vielfaches. Der Vorteil des Baustoffes ist, dass er kontinuierlich ohne Qualitätsverlust recycelt werden kann, wodurch der Bedarf an Primärmaterial massiv gesenkt werden kann und langfristig auch
das Versorgungsrisiko von Dämmmaterialen reduziert wird. Voraussetzung dafür ist, dass alte Steinwolle oder Restmaterial zum Unternehmen zurückkommen. Daher wurde ein Rücknahmesystem entwickelt, das die Steinwollelieferung und -Abholung kombiniert und so den organisatorischen und wirtschaftlichen Aufwand im Rahmen der Baustellenarbeiten reduziert.

Vielen Dank für Ihre Teilnahme, wir freuen uns darauf, Sie bald zum nächsten Web-Seminar zu begrüßen. 

Im Dezember geht es um regenerative Energieerzeugung und Zirkularität.