Begriffsdschungel rund ums zirkuläre Wirtschaften

Was sind eigentlich Kreislaufwirtschaft (nach KrWG), die Industrial Ecology, das C2C®-Konzept und die Circular Economy?

Julian Mast und Friederike von Unruh

Nachhaltiges Wirtschaften rückt weiter in den Fokus von Wissenschaftler:innen, Praktiker:innen und Entscheidungsträger:innen. In öffentlichen Diskussionen wird dabei immer häufiger eine Transformation zu nachhaltigeren Wirtschaftsmodellen gefordert. In diesem Zusammenhang fallen die Begriffe Kreislaufwirtschaft, Industrial Ecology, Cradle-to-Cradle® und Circular Economy / Zirkuläre Wertschöpfung. Aber was steckt eigentlich hinter diesen Konzepten, was haben sie gemeinsam und wo unterscheiden sie sich? Im Folgenden werden zunächst die vier Konzepte erklärt und in einem separaten Artikel anhand induktiv gebildeter Kategorien voneinander abgegrenzt.

Kreislaufwirtschaft

Die Kreislaufwirtschaft wird in Deutschland häufig mit einer gut koordinierten Abfallwirtschaft assoziiert (vgl. Müller et al. 2020, S. 6). Eine einheitliche Definition des Konzepts liegt jedoch nicht vor. Vielmehr wird es in Wissenschaft und Praxis auf unterschiedliche Weise verstanden:

Zum einem dient das Konzept als Übersetzung des englischen Wortes Circular Economy: So nutzt die Europäische Union diese Übersetzung in ihren offiziellen Dokumenten und meint damit ein ganzheitliches Konzept, welches den gesamten Produktlebenszyklus sowie die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet (vgl. Europäische Kommission 2015). Auf den Begriff Circular Economy wird weiter unten im Beitrag eingegangen.

Zum anderen wird der Begriff Kreislaufwirtschaft im Kontext des deutschen Kreislaufwirtschaftsgesetzes verwendet, auf dem auch die Assoziation zum Abfall und Recycling beruht. Ein näherer Blick auf das Kreislaufwirtschaftsgesetz enthüllt den Zweck, „die Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen zu fördern und den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen sicherzustellen“ (KrWG §1). Der Geltungsbereich ist dabei die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfall (vgl. KrWG §2, Abs. 1).

Nach §3 Abs. 1 KrWG sind Abfälle „alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.“ Dabei regelt die Abfallhierarchie die Rangfolge von der Abfallvermeidung bis zur Beseitigung. Es soll diejenige Maßnahme gewählt werden, „die den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen unter Berücksichtigung des Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzips am besten gewährleistet“ (§6 Abs. 2 KrWG). Abbildung 1 zeigt die Abfallhierarchie, welche die oben genannten und in der Grafik priorisierten Handlungsmöglichkeiten verdeutlicht, wie die Ressourcennutzung optimiert werden soll.

Industrial Ecology

Basis der Industrial Ecology (Industrieökologie) ist die Beschreibung von Robert Ayres einzelne Unternehmen als industrielle Metabolismen analog zur Stoffwechselfunktion von Lebewesen (Metabolismus) zu sehen. Lebewesen nehmen Stoffe auf, verarbeiten diese und scheiden letztendlich veränderte Stoffströme wieder aus, um selbst zu wachsen oder sich zu reproduzieren. Industrielle Metabolismen haben ebenso eine stoffverarbeitende Funktion, die auf Rohstoffzufuhr und Produkt- und Müllentnahme angewiesen ist. Vergleichbar mit der Motivation der Lebewesen ist auch das Ziel der Unternehmen: Diese wollen Stoffe wertschöpfend be- und verarbeiten und dabei Gewinne erzielen und selbst wachsen (vgl. Ayres 1994).

Darauf aufbauend entwickelten Frosch und Gallopoulos den Begriff des industriellen Ökosystems in Analogie zum natürlichen Ökosystem. Dort wird jeder Output von Metabolismen von anderen als Input verwendet, so dass alle Stoffströme Grundlage eines Umwandlungsprozesses und somit auch von Wachstum sind. Diese Vorstellung dient ebenso als Zielzustand eines künftigen Wirtschaftssystems. Verschiedene Teile des industriellen Ökosystems sollen Outputs anderer Teilnehmenden als Grundlage der Wertschöpfung verwenden und so die Erzeugung unverwertbarer Stoffe vermeiden (vgl. Frosch und Gallopoulos 1989).

Neben der regionalen bzw. globalen Ebene kann die Industrial Ecology auch unternehmensübergreifend sowie auf Unternehmensebene betrachtet werden (siehe Abb. 2).

Auf der Unternehmensebene liegt der Fokus im Design von Produkten und Prozessen statt in der End-of-Pipe-Betrachtung (dem Produktionsprozess nachträglich hinzugefügte Umweltmaßnahmen). Dabei sollen Schadstoffe und Verschmutzung vermieden werden. Mit Hilfe „grüner“ Accounting-Systeme wird versucht externalisierte Kosten zu internalisieren.

Unternehmensübergreifend können die Unternehmen eine sogenannte Industriellen Symbiose eingehen, welche auf dem Gedanken der biologischen Symbiose aufbaut, in der sich unterschiedliche Organismen für einen gegenseitigen Nutzen verbünden (vgl. Miller 1977). Bei der Industriellen Symbiose erreichen Unternehmen in traditionell getrennten Branchen gemeinsam einen Wettbewerbsvorteil durch den physischen Austausch von Materialien, Energie, Wasser und Nebenprodukten. Der Schlüssel dafür ist die Zusammenarbeit der Unternehmen und die Möglichkeit durch geographische Nähe Synergien zu schaffen (vgl. Chertow 2000, S. 314). Hierbei geht es darum, diejenigen Ressourcenströme auszuwählen, die in einem lokalisierten Wirtschaftssystem am nützlichsten sind, und daraufhin diese bestmöglich zu arrangieren (vgl. Ehrenfeld und Chertow 2002, S. 334). Die konkrete praktische Umsetzung des Konzepts wird in sogenannten Eco-Industrial Parks untersucht. Das erste Modell wurde in Kalundborg, Dänemark, realisiert, wo verschiedene Partner Grundwasser, Oberflächenwasser, Abwasser, Dampf und Elektrizität teilen und verschiedene Abfallprodukte, die in neuen Prozessen zu Rohstoffen werden, tauschen (vgl. Chertow 2000, S. 314–315).

Das Cradle to Cradle® Designprinzip

Das Cradle to Cradle® Designprinzip wurde von Michael Braungart und William McDonough entwickelt, da sie die Notwendigkeit sahen, das aktuelle, linear-getriebene Wirtschaftssystem zu ersetzen. Denn mit dem linearen System verbinden sie vor allem den „Verlust von Ressourcen, kulturelle[n] Raubbau, negative soziale und ökologische Auswirkungen, eine Abnahme der Lebensqualität“ (Braungart und Mcdonough 2016), welche aus hocheffizienten (Wirtschafts-) Systemen, wie beispielsweise Monokulturen, resultieren. In diesem Zusammenhang bezeichnen sie Produkte als „primitive Produkte“, wenn sie „nicht im Hinblick auf die Gesundheit der Menschen und der Umwelt entworfen wurden“ (Braungart und Mcdonough 2016).

Anstelle der Effizienz ist für Braungart und McDonoughs Konzept vor allem die (Öko-)Effektivität von Bedeutung. Die Idee des Konzepts wurde dabei an den natürlichen Stoffkreislauf angelehnt und am Beispiel eines Kirschbaums veranschaulicht. Der Kirschbaum ist als Teil des Ökosystems untrennbar mit diesem verbunden und erfüllt multiple Nutzen, ist jedoch aufgrund seiner hohen Blütenproduktion und einer sehr überschaubaren Anzahl an Tochterbäumen äußerst ineffizient bezüglich der Zielstellung der Fortpflanzung. Dennoch können alle Produkte des Kirschbaums durch das Ökosystem umgesetzt und verarbeitet werden (vgl. Braungart und Mcdonough 2016).

Abbildung 3 zeigt das analog entwickelte Cradle to Cradle® Prinzip, welches jedoch zwischen biologischem und technischem Kreislauf differenziert. Der biologische Lebenszyklus ähnelt dem Lebenszyklus des Kirschbaums sehr wesentlich, die Produkte innerhalb dieses Kreislaufs basieren auf biologischen Rohstoffen, welche zu Produkten verarbeitet werden. Nach Produktions- und Nutzungsphase können die Produkte durch biologische Prozesse zersetzt werden und die daraus entstehenden Stoffe dienen gefahrlos als biologischer Nährstoff für das Ökosystem. Durch die Sicherstellung der biologischen Abbaubarkeit und Rückführung der fertig gebrauchten Produkte sind die Stoffkreisläufe des biologischen Kreislaufs geschlossen (vgl. Braungart und Mcdonough 2016).

Stoffe innerhalb des technischen Kreislaufs können nicht durch biologische Vorgänge abgebaut werden, es befinden sich also im Wesentlichen anorganische Stoffe wie Metalle in diesem Kreislauf. Braungart und McDonough sehen in den Produktresten technische Nährstoffe, die als Grundlage neuer Produkte dienen können, vorausgesetzt „dass [die alten Produkte] zerlegt werden können“ (Braungart und Mcdonough 2016). Zentraler Vorteil dieses Konzeptes der technischen Nährstoffe wäre nach den Autoren neben der Vermeidung von Abfall auch eine längerfristige Einsparung von Materialkosten (Braungart und Mcdonough 2016).

Die Umsetzung Cradle to Cradle® Konzeptes erfordert neben einem hohen Bedarf an neuen Innovationen außerdem eine fallabhängige Erörterung der Voraussetzungen und der zu erzielenden Nutzenfunktionen, um eine zufriedenstellende Gesamtlösung zu erzeugen. Generalistische Lösungen, die überall zu einem gleichen Ergebnis führen (wie dies oft im linearen Wirtschaftssystem der Fall ist) sollten laut den Autoren tunlichst vermieden werden (vgl. Braungart und Mcdonough 2016).

Circular Economy / Zirkuläre Wertschöpfung / Zirkuläres Wirtschaften

Das Konzept der Circular Economy (zu Deutsch Zirkuläre Wertschöpfung) hat in den letzten Jahren sowohl bei Praktiker:innen als auch bei Wissenschaftler:innen stark an Bedeutung gewonnen (vlg. Kirchherr et al. 2017, S. 221). Um die Circular Economy von der Kreislaufwirtschaft gemäß KrWG abzugrenzen, übersetzt man sie auch mit Zirkulärem Wirtschaften (vgl. Müller et al. 2020, S. 7) oder wie wir es tun mit Zirkulärer Wertschöpfung (vgl. Prosperkolleg 2021). Im Gegensatz zur Kreislaufwirtschaft nach KrWG betrachtet die Zirkuläre Wertschöpfung das ganzheitliche Wirtschaftssystem und nicht nur den Abfallfluss. Bis jetzt gibt es unter den Akteuren der Zirkulären Wertschöpfung noch kein einheitliches Verständnis des Konzepts. So verglichen beispielsweise Kirchherr et al. (2017) 114 Definitionen der Circular Economy.

Das Konzept der Zirkulären Wertschöpfung rückt den gesamten Produktlebenszyklus und das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk in den Fokus. Es beschreibt ein nachhaltiges Wirtschaftssystem, das auf Geschäftsmodellen basiert, die das sogenannte „Wegwerfkonzept“ ersetzen. Die Zielstellung des Konzepts, Ressourcen möglichst werterhaltend im Wirtschaftssystem zu zirkulieren, kann durch verschiedene Strategien – auch als R-Strategien bezeichnet – erreicht werden. Diese basieren auf den 9R-Strategien von Potting et al. (2017), welche auch von Kirchherr et al. (2017) in angepasster Form verwendet werden. Darauf aufbauend wird eine vom Prosperkolleg leicht modifizierte Variation der Strategien beschrieben.

Die R-Strategien lassen sich nach drei Leitprinzipien gliedern: Durch die Strategien R0 bis R2 (Refuse, Rethink, Reduce) soll der Rohstoffaufwand der Produktion gesenkt werden. Dies ist einerseits durch eine gesteigerte Produktionseffizienz, andererseits durch eine gesteigerte Nutzungsintensität möglich. So kann der gleiche Gesamtnutzen für die Kund:innen mit weniger benötigten Rohstoffen bereitgestellt werden.

Die Strategien R3 bis R7 (Reuse, Repair, Refurbish, Remanufacture, Repurpose) haben das Ziel, die Rohstoffe innerhalb des Wirtschaftssystems zu halten, die sich bereits in Form von Produkten in diesem befinden. Durch die Wieder- oder Weiterverwendung von Produkten oder Produktteilen kann der Nutzen Kund:innen ohne weitere Rohstoffentnahmen bereitgestellt werden.

Die zwei letzten Strategien, R8 und R9 (Recycle und Recover), haben das Ziel, die Rohstoffe von solchen Produkten oder Produktteilen zu sichern, welche nicht mehr genutzt werden können. Dabei werden die Komponenten zerstört. Durch die Gewinnung von Sekundärrohstoffen kann der Bedarf an Primärrohstoffen verringert werden. In anderen Worten bedeutet das, dass weniger Rohstoffe aus der Umwelt entnommen werden müssen.

Fazit

Die aufgeführten Konzepte Kreislaufwirtschaft nach KrWG, Industrial Ecology, Cradle-to-Cradle® und Circular Economy beschäftigen sich im Wesentlichen mit ähnlichen Problemstellungen und dennoch existieren diese über einen mehr oder minder langen Zeitraum parallel zueinander. Im zweiten Teil des Beitrags sollen daher die Übereinstimmungen und Unterscheidungsmerkmale der Konzepte bzgl. der im Folgenden aufgezählten (unter-)Kategorien erläutert werden:

  • Betrachtungsrahmen (Produktebene, Materialflussebene, Wirtschaftsebene)
  • Zielstellung des Konzepts (ökonomisch, sozial, ökologisch)
  • Strategien zur Zielerreichung
  • Auswirkungen der Strategien auf die bisherigen Produkte, bisherige Art der Wertschöpfung

Literaturverzeichnis

Ayres, Robert U. (1994): Industrial Metabolism. Theory and Policy. In: Industrial Metabolism: Restructuring for Sustainable Development.

Braungart, Michael; Mcdonough, William (2016): Cradle to Cradle. Einfach intelligent produzieren. Ungekürzte Taschenbuchausgabe, 4. Auflage. München, Berlin, Zürich: Piper.

Chertow, Marian (2000): Industrial Symbiosis: Literature and Taxonomy. In: Annu. Rev. Energy Environ (25), S. 313–337.

Ehrenfeld, John R.; Chertow, Marian (2002): Industrial symbiosis: the legacy of Kalundborg. In: Leslie Ayres und Robert U. Ayres (Hg.): A handbook of industrial ecology. Cheltenham, U.K, Northampton, Mass: Edward Elgar Pub, S. 334–348.

Europäische Kommission (2015): Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Den Kreislauf schließen – Ein Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft. COM(2015) 614 final. Hg. v. Europäische Kommission. Brüssel.

Frosch, Robert A.; Gallopoulos, Nicholas E. (1989): Strategies for Manufacturing. Waste from one industrial process can serve as the raw materials for another, thereby reducing the impact of industry on the environment. In: Scientific American (261 (3)), S. 144–152.

Kirchherr, Julian; Reike, Denise; Hekkert, Marko (2017): Conceptualizing the circular economy: An analysis of 114 definitions. In: Resources, Conservation and Recycling 127, S. 221–232.

Miller, George Tyler (1977): Living in the environment. Concepts, problems, and alternatives. 5. print. Belmont Calif.: Wadsworth.

Müller, Felix; Kohlmeyer, Regina; Krüger, Franziska; Kosmol, Jan; Krause, Susann; Dorer, Conrad; Röhreich, Mareike (2020): Leitsätze einer Kreislaufwirtschaft. Unter Mitarbeit von Matthias Fabian, Sina Kummer, Björn Bischoff, Thomas Ebert und Hermann Keßler. Hg. v. Umweltbundesamt. Dessau-Roßlau.

Potting, José; Worrell, Ernst; Hekkert, M. P. (2017): Circular Economy: Measuring innovation in the product chain. Hg. v. PBL Netherlands Environmental Assessment Agency. PBL Netherlands Environmental Assessment Agency. The Hague.