Virtuelles Forschungsnetzwerk

Zu sehen ist das Profilbild von Julian Mast.

Julian Mast


CEresearchNRW:
Lohnt sich Zirkuläre Wertschöpfung?

Nach drei Wochen Pause freute sich das Prosperkolleg seine Netzwerkpartner*innen zu einem neuen Webinar zu begrüßen. Die Teilnehmer*innen des Forschungsnetzwerks hatten für das Thema “Zahlt sich Zirkuläre Wertschöpfung aus? Eine betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Betrachtung” abgestimmt. Doch die Suche nach Referent*innen im deutschsprachigen Raum gestaltete sich schwieriger als erwartet. Schnell wurde deutlich: In der hiesigen Forschung besteht noch Bedarf, die Thematik aus der betriebswirtschaftlichen beziehungsweise volkswirtschaftlichen Perspektive zu beleuchten. Also was nun? Warum die Frage nicht zunächst systemisch erörtern und dann gemeinsam diskutieren, ob sich Zirkuläre Wertschöpfung auszahlt und wie durch Zirkuläre Wertschöpfung Werte generiert werden können. Wir freuten uns sehr, Jun. Prof. Dr. Fenna Blomsma der Universität Hamburg, langjährige Circular Economy Forscherin mit systemischer Sichtweise, als Referentin gewinnen zu können.

Das Webinar startete mit einer kurzen Begrüßung von Friederike von Unruh (Leiterin Forschungsnetzwerk). Sie gab eine Zusammenfassung des letzten Webinars und wies nochmals auf Mattermost als Kommunikationstool im Forschungsnetzwerk hin. Zukünftig soll der gesamte Austausch im Netzwerk über Mattermost stattfinden. Abschließend begrüßte sie
die beiden Moderatoren des Webinars Svenja Grauel (Projektleiterin) und Paul SzaboMüller (Leiter Qualifizierungsbedarfe), die wie bereits beim letzten Webinar durch die Veranstaltung führten.

Es folgte ein Stimulus zu „Zirkuläre Wertschöpfung (ZW) lohnenswert“ von Julian Mast (Doktorand im Prosperkolleg). Er ging auf die unterschiedlichen Motivationen der Akteure ein sich mit der Zirkulären Wertschöpfung auseinander zu setzen. Diese können zum Beispiel
Ressourcenpreise, Versorgungssicherheit, Schutz des Planeten, Überzeugung, Aufrechterhalten des Soziallebenstandards oder Opportunismus sein. Die Motivationen sind ökonomischer, ökologischer oder sozialer Natur. Der Zirkulären Wertschöpfung und der Circular Economy liegen dabei keine einheitlichen Definitionen zugrunde. Auch haben die Betriebe, der Staat und Privathaushalte unterschiedliche Betrachtungswinkel. Diese verschiedenen Blickwinkel der Akteure auf gleiche Interessengebiete können zu sehr stark voneinander abweichenden Fokussen oder Präferenzen führen. Als Anregung wurden Fragen
in den Raum geworfen: „Welche Interessenkategorie muss abdeckt sein, um Zirkuläre Wertschöpfung lohnenswert zu machen?“ oder „Wie kann gemeinsames Verständnis für „lohnenswert“ über alle Perspektiven erreicht werden?
Aus den unterschiedlichen Interessen können nun Ziele abgeleitet werden, die einem ökonomischem, ökologischem oder sozialen Leitmotiv zugeordnet werden können. Auch hier werden Denkanstöße in Form von Fragen gegeben: „Gibt es Interessensgebiete, die durch die
Zielstellung auf jeden Fall abgebildet werden müssen?“ oder „Was ist eine sinnvolle Anzahl
an gewählten Zielen?“ Nach der Zielauswahl sollen diese messbar gemacht werden. Auf Basis verschiedener Indikatoren des Life Cycle Assessments, des Life Cycle Costings und des Social Life Cycle Assessments können Ziele bewertet und miteinander verglichen werden. Dennoch stellen sich auch hier wieder Fragen: „Nach welchen Kriterien sind Indikatoren auszuwählen?oder „Eignen sich Indikatoren für die Abbildung der Interessen aus allen Perspektiv en?“ Mit seinem Stimulus zeigt Julian Mast, dass die Frage, ob Zirkuläre Wertschöpfung lohnenswert
ist, nicht mal eben zu beantworten ist.
Im Anschluss sprach Jun. Prof. Dr. Fenna Blomsma über „Circular value creation by system innovation“. Seit Dezember 2019 hat sie den Lehrstuhl für Circular Economy und System Innovation der Universität Hamburg inne. Zu Beginn ihres Vortrags stellte Dr. Blomsma die sehr vielen unterschiedlichen und doch sehr gleichen Abbildungen zur Circular Economy vor, die auf der Welt kursieren. Sie stellte die Frage, ob wir so viele Graphiken benötigen?
Dr. Blomsma präsentierte das Forschungsdesign Ihrer Arbeit im Zeitraum von 20132016. In
40 Interviews wurden Daten über den Ressourcenfluss von verschiedenen Unternehmen gesammelt, transkribiert und codiert. Die zusammengestellten Codes wurden dann in der
Datenorganisationsphase visuell nach Lebenszyklusphasen dargestellt, woraus die Vorlage für die rechte Seite des Circularity Compass entstand (siehe Abbildung 1).
Jedoch soll nicht nur die Lebenszyklusanalyse betrachtet werden, sondern auch der Zustand der Ressource, um diese beiden Perspektiven später miteinander zu verbinden. Derzeit fehlt
im Circular Economy Diskurs ein klarer und systematischer Ansatz für das, was wir als Teilchenzustand und Produktzustand bezeichnen. Im Resource State Framework wird deshalb auf den Zustand der Ressource eingegangen. Ressourcen sind hier definiert als Partikel, Teile
oder Produkte. Häufig wird in CircularEconomy Rahmenwerken der Zustand der Ressource nicht deutlich hervorgehoben. Dieser ist aber in Bezug auf die Circular Economy Forschung
von hoher Bedeutung.

Neben dem Ressourcenfluss wurde in einer Matrix auch die Art des Abfalls untersucht, welche
Big Five „Structural Waste“ genannt wird. Hierbei wurden fünf Kategorien erstellt:

Können Materialien länger benutzt werden? Cloosing Loop Strategies

Können Materialien intensiver genutzt werden? Extending Loop Strategies

Können Komponenten/ Produkte so hergestellt werden, dass sie länger halten? Long
Life Loop Strategies

Können Komponenten/ Produkte intensiver genutzt werden? Intensifying Loop
Strategies

Wird mehr als nötig der Ressource verbraucht oder fügt sie sogar Schaden zu?
Preventative Strategies

Durch Zusammensetzen der Circularity CompassVorlage, der Big Five „Structural Waste“ und des Resource State Frameworks entsteht nun der Circularity Compass (Abbildung 1). Dieses Rahmenwerk verdeutlicht und systematisiert die Sprache rund um Ressourcen im Circular EconomyDiskurs. Erkenntnisse aus der Nutzung von verschiedenen Tools und Ansätzen werden aggregiert und in ein umfassendes Bild komplexer Kreislaufsysteme zusammengestellt.

Für jedes interviewte Unternehmen wurde ein Kompass mit der IstSituation ausgefüllt und einer, der die vorgeschlagene Lösung widerspiegelt. Der Circularity Compass hilft Kombinationsmöglichkeiten zirkulärer Strategien zu identifizieren und besser zu verstehen. Es ist wichtig die Rolle zwischen zirkulären Strategien zu untersuchen, denn sie scheinen in Gruppen von zwei oder mehr vorzukommen und in Beziehung zueinander zu stehen.


Abbildung 1: Circularity Compass 

Weitere Folien zum Circularity Compass und ausgewählte Paper von Frau Jun. Prof. Dr. Blomsma finden Sie auf Mattermost.
Anschließend diskutierten die Teilnehmenden rege mit Frau Dr. Blomsma darüber, wie zum Beispiel die vorgestellten Praktiken innerhalb des Supply Chain Managements umgesetzt werden könnten oder ob es aus ausreichend Anreizsysteme gebe.
Blomsma stellte klar: „None of us is a CE expert; we are all still trying to understand”. Sie machte aber Mut, unseren Schwung für Zirkuläre Wertschöpfung nun nicht zu verlieren, sondern systemisch zu erfragen:
Welche Lösung ist besser, zirkulärer als die jetzige? Auf die Frage, warum Unternehmen sich mit Zirkulärer Wertschöpfung und Systeminnovation beschäftigten, antwortete sie lachend:
„They want to earn tons of money“.

Vielen Dank für Ihre Teilnahme, wir freuen uns Sie am 2. Juli im nächsten Webinar wiederzusehen.

Bis dahin,

Ihr
ProsperkollegTeam